LG Essen, Urteil v. 21.02.2018 – 18 O 127/17

AVIVA Life & Pensions UK Limited-Kunden können auf Schadensersatz hoffen

Das Landgericht Essen hat einem Kunden mit Urteil vom 21.02.2018 – 18 O 127/17 – (rechtskräftig) Schadensersatz gegen das Versicherungsunternehmen AVIVA Life & Pensions UK Limited (vormals Friends Life Limited) zugesprochen.

Der Kläger unterzeichnete am 27.03.2012 einen Antrag auf eine fondsgebundene Rentenversicherung, Modell: Friends Planprivate, Anlagestrategie: Selection of Friends, bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die ihren Sitz in England hatte und außerhalb des Vereinten Königreichs unter dem Handelsnamen „Friends Provident International“ tätig war. Die monatliche Beitragshöhe des Klägers sollte ab Vertragsbeginn, dem 05.05.2012, zunächst 420,00 € betragen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 23 Jahren. Es wurde eine 5-prozentige dynamische Anpassung der Ratenzahlungen vereinbart. Im Todesfall hat der ledige Kläger als Begünstigte der Hinterbliebenenabsicherung seine Eltern angegeben.

Bis zur Unterzeichnung des Vertrages erfolgte eine Beratungstätigkeit durch die von der Beklagten mit der Vermittlung der Versicherung betraute Vertriebsfirma F.K.M. GmbH & C. KG aus Essen.

Das Ziel des Modells Friends Planprivate besteht nach der Produktbeschreibung u. a. darin, aus den regelmäßigen Beiträgen des Kunden zum Ende der von ihm gewählten Laufzeit eine beachtliche Geldsumme aufzubauen, die als lebenslängliche Rente für seinen Ruhestand zur Verfügung steht. Alternativ besteht für den Kunden die Möglichkeit, den Vertragswert in Form regelmäßiger Entnahmen oder für eine Kapitalleistung zu nutzen.

Der Friends Planprivate bietet den Anlegern Zugang zu drei Anlagestrategien, aus denen sie auswählen können:

• „Top of Friends“,
• „Managed by Friends“ oder
• „Selection of Friends“.

Jeder dieser Anlagestrategien liegt eine Reihe von Investmentfonds zugrunde, deren Vermögensanlagen von Fondsmanagern betreut werden. Die Investmentfonds werden als Sondervermögen getrennt von den anderen Vermögenswerten der Beklagten gehalten.

Sofern der Kunde bei dem Produkt allerdings nicht die „optionale Beitragsgarantie“ gewählt hat, ist der Wert des Friends Planprivate nicht garantiert. Er steigt oder fällt jeweils in Abhängigkeit zu den Preisschwankungen der Anteile an den Investmentfonds, für die sich der Kunde entschieden hat.

Nachdem der Kläger von der Beklagten mit Schreiben vom 02.06.2015 eine Wertmitteilung seiner Fondsbeteiligung für den Zeitraum vom 30.05.2014 bis zum 02.06.2015 erhalten hatte, welche einen Wertverlust von ca. 70 % des eingezahlten Kapitals aufwies, wandte er sich Ende des Jahres 2015 an die Verbraucherzentrale. Dort wurde er darüber aufgeklärt, dass es sich bei der von ihm gewählten Versicherung nicht um die von ihm gewünschte sichere Altersvorsorge, sondern um eine spekulative, hochriskante Geldanlage handeln würde. Nach Erhalt dieser Information stellte der Kläger die Versicherung zunächst beitragsfrei. Nach Ablauf der beitragsfreien Zeit beendete er seine Beitragszahlungen im Juli 2016, woraufhin die Beklagte das Vertragsverhältnis mit ihm kündigte.

Mit Schreiben vom 20.09.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich der Rückkaufwert der Versicherung zum Kündigungstermin auf 1.978,17 € belaufe. Bis dahin hatte der Kläger an die Beklagte auf den Vertrag immerhin Zahlungen in Höhe von 16.374,80 € geleistet.

Mit seiner bei dem Landgericht Essen erhobenen Klage begehrte der Kläger von der Beklagten Schadensersatz zunächst in Höhe eines Teilbetrages von 6.000,00 €, da er sich von der Vertriebsfirma F.K.M. GmbH & Co. KG nicht ordnungsgemäß beraten fühlte.

Das Landgericht hat dem Kläger den von ihm geltend gemachten Schadensersatz in voller Höhe zugesprochen und verurteilte die AVIVA Life & Pensions UK die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. In seinen Urteilsgründen stellte das Gericht fest, dass die F.K.M. GmbH & Co. KG den Kläger nicht über das Risiko eines Wertverlustes aufgeklärt habe. Die Beklagte wäre aber verpflichtet gewesen, den Kläger bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle für seinen Anlageentschluss bedeutsamen Umständen verständlich und vollständig zu informieren, insbesondere über die mit der angebotenen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken. Dies ergebe sich daraus, dass der Abschluss der streitgegenständlichen Versicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Anlagegeschäft darstelle.